Vor nunmehr 6 1/2 Jahren entstand an einem Samstag aus einer einfachen Websuche nach sog. A-Türmen plötzlich der Gedanke, dieses Thema näher beleuchten zu wollen. Ursprünglich reicht der Wunsch zur Recherche jedoch bis ins Jahr 2001 zurück, als im DDR-Bunkerforum vermehrt Beiträge zu diesem Komplex auftauchten. Nach vielen Jahren der Ruhe sollte nun endlich Licht in die Sache gebracht und alle Erkenntnisse in Form einer Broschüre veröffentlicht werden. Zum damaligen Zeitpunkt waren nur der 13-seitige Aufsatz von Hans-Peter Schwenke sowie der Blog von Rudolf Grollmich zu diesem Thema verfügbar. Beide Quellen waren von Insidern verfasst und gaben einen oberflächlichen Überblick. Alle anderen Quellen waren aus zweiter und dritter Hand und stellenweise voll von Fehlinterpretationen und Erfindungen.
Um nun zu einer objektiven Darstellung kommen zu können, blieb nur, die Recherchen in die eigene Hand zu nehmen und alle Informationen zusammenzutragen, welche 28 Jahre nach der Wende noch greifbar waren. Hätte ich damals gewusst, welche Ausmaße das Ganze annehmen würde und wie viel Zeit dazu notwendig war, hätte ich vermutlich meinen Plan noch einmal überdacht. Heute, im Oktober 2024, bin ich froh, so entschieden zu haben. Anderenfalls wären viele Informationen für immer verloren gewesen und die Scharlatane im Netz könnten weiter ihr Märchen über das Richtfunknetz der SED verbreiten.
Wie jedoch fängt man ein solches Vorhaben an? Zunächst dachte ich in meiner Naivität, einfach in die Archive zu gehen und dort nach den gewünschten Informationen zu suchen. Dieser Gedanke erwies sich jedoch sehr schnell als völlig absurd. Die Archivlandschaft in Deutschland lebt in weiten Teilen von Findbüchern, sowohl in analoger als auch digitaler Form. Beide haben jedoch gemeinsam, dass die Informationen darin nur so gut sind wie die Schlagworte, nach denen gesucht werden kann. Diese Schlagworte wiederum werden von Personen eingegeben, welche von der Materie exakt NULL Ahnung haben. Mit viel Glück wurden Schlagworte oder Inhaltsverzeichnisse aus den Abgabeverzeichnissen der abgebenden Stellen übernommen und lassen so eine zumindest vage Vorstellung davon, was in den Akten zu finden sein könnte. Wurden die Schlagworte neu eingegeben, war eigentlich eine sinnvolle Suche ausgeschlossen. Kurzum, die ersten Besuche in Stadtarchiven waren komplett sinn- und ergebnislos.
Der nächste Versuch war die Kontaktaufnahme mit Stadtmuseen und Ortschronisten. Auch hier ein ähnliches Bild. Es dauerte 2 Monate, ehe ich das erste Foto einer SED-Kreisleitung bekam, welches nicht öffentlich im Internet zu finden war. Sollte es in diesem Tempo weitergehen, würde das Projekt wohl 10 Jahre dauern.
Zu dieser Zeit beschlossen Peter und ich, die Recherche größer anzubinden und Peter bot sich an, im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde der Sache nachzugehen. Dies führte zu einer deutlich besseren Ausbeute. Aus dem Studium von etwa 30000 Seiten Aktenmaterial aus dem Bundesarchiv in Berlin, etwa 10000 Seiten aus den Hauptstaatsarchiven Sachsen in Dresden, Chemnitz und Leipzig, den Hauptstaatsarchiven Thüringen in Weimar, Rudolstadt und Meiningen, dem Hauptstaatsarchiv Sachsen-Anhalt in Merseburg, dem Hauptstaatsarchiv Brandenburg in Potsdam und dem Hauptstaatsarchiv Meck-Pom in Schwerin gingen so viele Informationen hervor, dass im Herbst 2019 die erste Auflage fertiggestellt werden konnte. Dass es allerdings die erste Auflage sein würde, war damals noch nicht absehbar. Jetzt galt es, eine Druckerei zu finden, welche das damals 476-seitige Werk zu vertretbaren Kosten drucken konnte. Erste Recherchen in Deutschland führten jedoch zu der Erkenntnis, dass dies hier nicht machbar ist. Bei einer geplanten Auflage von 100 Exemplaren sollte ein Buch 44 € kosten. Zu viel für unser Budget. Also fanden wir eine Druckerei in Tschechien, welche ein Buch für 22 € liefern konnte. Gesagt getan, die Bestellung wurde aufgegeben und nach zwei Wochen war sie zur Abholung bereit. Auf der Rückfahrt von Prag hatte mein Auto mit 260 kg Büchern im Kofferraum erheblich Schlagseite und ich befürchtete, bei Grenzübertritt schon auf illegale Migranten kontrolliert zu werden. Es ging alles gut und die Kartons wurden im Keller eingelagert.
Nachdem alle 100 Exemplare verkauft waren, zeigte sich sehr schnell, dass es eine weitere Auflage geben muss. Viele Käufer meldeten sich und teilten ihre Erinnerungen mit uns. Viele dieser Fakten aus erster Hand zeigten, dass einige Aussagen im Buch nicht korrekt waren und aus den Aktenfunden falsche Schlussfolgerungen gezogen wurden. Es begann nun also die Arbeit an der zweiten Auflage, welche noch deutlich anstrengender war als für die Erstauflage. Es folgten drei Besuche im Militärarchiv in Freiburg, um besonders den NVA-Teil des Richtfunknetzes beleuchten zu können. Offenbar wurde der Standort Freiburg bewusst gewählt, um möglichst vielen Forschern den Weg dorthin so weit wie möglich zu machen. Eine Strecke sind 750km. Das geht nur mit Hotelübernachtung und das bringt mich zu den Kosten des Projektes.
Einige Personen meinen tatsächlich, dass Autoren reiche Leute sind. Das ist weit gefehlt. Wenn man nicht gerade Bücher in Millionenauflage veröffentlicht, ist in den meisten Fällen ein solches Projekt ein reines Zuschussgeschäft. Verdienen kann man dabei nichts, im Gegenteil.
Eine kleine Aufstellung soll dies verdeutlichen:
3 Fahrten nach Freiburg 4500 km
8 Übernachtungen in Freiburg
6 Fahrten nach Berlin 3250 km
3 Übernachtungen in Berlin
3 Fahrten nach Schwerin 2700 km
3 Übernachtungen in Schwerin
8 Fahrten nach Chemnitz 1600 km
3 Fahrten nach Potsdam 1800 km
4 Fahrten nach Meiningen 2800 km
diverse Besuche in Stadtarchiven 2000 km
3 Besuche bei der BSTU in Berlin 1500 km
7 Besuche bei der BSTU Dresden 400 km
mehrere tausend Kilometer für Fahrten zu den Richtfunkobjekten
Gebühren für Luftbilder 685 €
Gebühren für Papierkopien 412 €
Gebühren für Auskünfte in Stadtarchiven 212 €
sowie hunderte Stunden Telefonate und Besuche bei Zeitzeugen.
Die Fertigungsqualität der ersten Auflage entsprach nicht unseren Erwartungen, so dass wir beschlossen, die zweite Auflage, auch wenn die Kosten deutlich höher ausfallen, in Deutschland drucken zu lassen. Ein Buch kostet derzeit 49 € im Einkaufspreis. Bei einem Verkaufspreis von 59 € ist damit ein „Gewinn“ von 10 € pro Buch möglich. Mit Blick auf die Ausgaben ist das Wort „Gewinn“ jedoch eher fehl am Platze. Ob jedoch ein Verkaufspreis von 100 € oder mehr genug Kunden finden würde, ist mehr als fraglich. Daher ist auch weiterhin davon auszugehen, dass es ein Hobbyprojekt bleiben wird und die Kosten dafür niemals eingespielt werden.
Recherchearbeit im Militärarchiv in Freiburg. Stundenlanges Fotografieren von Akten. Bei 3000 Fotos täglich ist am Abend der Daumen wund. Inzwischen sind rund 165.000 Fotos aus Akten verschiedener Archive entstanden welche alle ausgewertet werden mussten. Eine Akte enthält im Schnitt etwa 200 Seiten, manche auch 600.
Grob überschlagen dürften es mehr als 1000 Ordner gewesen sein welche wir gesichtet haben.