Das Richtfunknetz

Kurz nach den Ereignissen des 17.Juni 1953 waren die Planungen und Arbeiten am SPINNE-Netzwerk zunächst gestoppt worden. Die Partei- und Staatsführung gelangte zu der Überzeugung, dass ein eigenes, autarkes Fernsprechnetz in der damaligen Situation wichtiger sei als ein geteiltes unter Mitwirkung der KVP. Die Fertigstellung des Richtfunknetzes der KVP wurde von nun an forciert und unter maßgeblicher Regie der SED weiterentwickelt, bzw. an neuen Standorten weiter massiv ausgebaut. Für den Weiter­bau und die Neuplanung des Netzes, welches in der Hauptsache aus Richtfunkstellen in der Weitnetzebene bestand, war die parteieigene Be­triebs- und Baugesellschaft FUNDAMENT GmbH mit Sitz in Berlin zuständig.

Nach außen wurde trotzdem weiterhin unter der Legendierung des MdI agiert. Es war von größter Wichtigkeit, dass die extern am Aufbau der Stationen beteiligten Personen oder Firmen den Glauben daran haben sollten, für das MdI und nicht für die SED zu arbeiten.

Beim VEB Sachsenwerk wurden daher alle Richtfunkverbindungsgeräte (RVG) sowie Antennen und sonstiges Zubehör zum Aufbau der Standorte gemäß dieser Legende vom MdI bestellt und auch scheinbar an dieses geliefert. Ebenso verhielt es sich mit den beteiligten Baufirmen sowie anderen Techniklieferanten. Im Sommer 1955 wurde der Beschluss gefasst, die bisherige Nachrichtanlage in alleinige Obhut zu nehmen und als Richtfunknetz weiter zu auszubauen.

Da das im Aufbau befindliche Netz und alle damit verbundenen Objekte unter alleiniger Ver­füg­ungs­ge­walt der Partei stehen sollten, wurde auch eine zivile „Verwaltung“ nötig. Baulich und infrastrukturell ver­blieben die Anlagen für Betrieb, bauliche Wartung und Unterhalt bei der FUNDAMENT. Die gesamte nach­richtentechnische Abstützung, Frequenzplanung und der Schriftverkehr in den Außenbeziehungen mit anderen Organen wurden von der Abteilung Fernmeldewesen, Abt.II, kurz „FM-II“, der SED übernommen. Die sog. Dezimeter-Nachrichtenanlage wurde fortan unter der Bezeichnung

„Sonderanlage SZ-153

geführt.

Die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einsatzbereiten Stationen wurden schrittweise fertiggestellt und neue Stationen hinzugeplant. Ziel des neuen Fernsprechnetzes war die Sicherstellung ununter­broche­n­­er Kommunikationsmöglichkeiten des ZK der SED mit den Bezirksleitungen in den jeweiligen Bezirks­städten und als weiterer Ausbauschritt bis in die Ebene der Kreise. Dazu waren zahlreiche Erweiterungen des ursprünglich geplanten Spinne-Netzwerkes erforderlich, die in der Regel einem groben Bezugsnetz zu den Bezirksstädten folgten und den weiteren Ausbau bis in die Kreise sicherstellten. Mit dem Abschluss der Arbeiten an der sog. „Netzebene 1“ im Jahr 1956 waren alle Bezirksleitungen der SED über die Vermittlungen an den Turmstandorten erreichbar. Zunächst geschah dies jedoch noch über handvermittelte, drahtgebundene Verbindungen von Standort der Bezirksrichtfunkstelle in die Bezirksstadt. Endziel war jedoch die automatische Vermittlung von Ferngesprächen oder Fernschreiben direkt in die Objekte der Bezirks- und Kreisleitungen über Richtfunk.